„Es fehlt uns Geld“: Die angespannte finanzielle Lage des Leopold Museum

17.12.2012

Managing Director Weinhäupl warnt in Jahresvorschau-PK vor „Aushungern des Museums“

Der herrliche Ausblick auf das sonnige Wien, den man bei der Präsentation des Ausstellungsprogrammes 2013 aus dem Panoramafenster des Leopold Museum genießen konnte, wurde lediglich durch den Ernst der finanziellen Lage des Hauses atmosphärisch getrübt.

Prekäre finanzielle Situation des Museums: „Es fehlt uns Geld“

Anlässlich der Jahresvorschau-Pressekonferenz verwies Leopold Museum Managing Director Ing. Mag. Peter Weinhäupl auf die prekäre finanzielle Situation des Museums. Obwohl das Leopold Museum mit ca. 350.000 Besuchern pro Jahr das - mit Abstand - besucherstärkste Haus im MuseumsQuartier ist, sind die Subventionen des Bundes seit der Eröffnung des Museums eingefroren. „Es fehlt uns Geld“, brachte es Weinhäupl auf den Punkt. Anschaulich hielt er ein Sheet mit der Summe von 2,726 Millionen in die Höhe, das war der Subventionsbetrag im Jahr 2001. 11 Jahre später, 2012, ist auf einem zweiten Papier derselbe Betrag zu lesen, unverändert 2,726 Millionen. Dabei ist hier bereits die von Mietsubvention Euro 211.934.- einkalkuliert. „Da es bei der Basissubvention seit der Eröffnung im Jahr 2001 keine Abgeltung der Inflation gegeben hat, ist die Differenz zum realen Wert der Basissubvention im Jahr 2001 in einem so großen Umfang gegeben, dass diese durch „normale“ Produktivitäts-steigerungen nicht mehr kompensierbar ist“, warnt Weinhäupl.

„Wir haben es trotzdem geschafft zu überleben und alles probiert“

„Wir haben es trotzdem geschafft zu überleben“ resümiert der kaufmännische Direktor des Leopold Museum, „dank großartiger Sonderausstellungen, Einsparungen im energietechnischen Bereich, der Übernahme des bis vor kurzem noch verpachteten Shops usw. Wir haben alles probiert“. Trotzdem hätte sich über die Jahre aufgrund ausbleibender Subventionserhöhungen ein Fehlbetrag angehäuft, der sich mittlerweile auf über eine Million beläuft. Dabei sind die wirtschaftlichen Eckdaten des Hauses im MQ alles andere als schlecht: Während der Bund laut Kulturbericht 2011 pro Besucher etwa in der Albertina 13,3 Euro zuschießt, im mumok 58,9 Euro und im MAK sogar 61,4 Euro, sind beim Leopold Museum lediglich 8,8 Euro pro Ticket vonnöten.

„Wir fordern vom Bund ein klares Bekenntnis zum Leopold Museum“

„Unser Programm stimmt, wir sind ein beliebtes Haus“ sagt Peter Weinhäupl. Auf 5 Ebenen werden die ständigen Sammlungen und Sonderausstellungen auf 5400 m Ausstellungsfläche präsentiert, darunter die größte Schiele Sammlung der Welt und die umfassendste „Wien“ 1900 Präsentation, mit Gustav Klimt und Wiener Werkstätte. Weinhäupl weist auch darauf hin, dass das Haus längst international zum Aushängeschild für österreichische Kunst der Klassischen Moderne avanciert sei. Bei „Gastspielen“ im Ausland, in Athen, Basel, Mailand, Oslo, Paris oder Tokio u.a. Metropolen ist die Sammlung Leopold heißbegehrter Publikumsmagnet. Der Vergleich mit dem Umfeld in Wien und auch im MuseumsQuartier kann sich ebenfalls sehen lassen: Während das Leopold Museum weit über 300.000 Besucher zählt, waren es bei den Nachbarn mumok und kunsthalle zuletzt unter 200.000 Besucher. „Aber uns geht es gar nicht darum, uns mit anderen zu vergleichen“ präzisiert Weinhäupl, wir fordern vom Bund ein klares Bekenntnis zum Leopold Museum.“ Die Perspektiven für die Zukunft dürften nicht mutwillig verbaut werden. Wir haben Fremdkapital aufgenommen, die nötigen Verkäufe zur Finanzierung von Vergleichen seien ja zweckgebunden. Und Ziel ist die Erhaltung der einzigartigen Sammlung im Ganzen.

Versachlichung der Provenienzforschung

In Sachen Provenienzen habe sich die Situation durch eine aktive Herangehensweise versachlicht. Es werden zusätzlich zwei gemeinsame Provenienzforscher (BMUKK und LMP) beschäftigt und die Dossiers der sog. Michalek-Kommission vorgelegt. Die Rechts-, Beratungs- und Vergleichskosten für den Rechtsstreit um das Schiele-Bild „Wally“ sowie für andere „belastete“ Kunstwerke konnten durch den Verkauf von Kunstwerken abgedeckt werden. Erlöse aus dem Verkauf von Kunstwerken dürfen laut Stiftungsurkunde nur für den Zweck der Rettung von Kunstwerken durch Vergleichszahlungen und nicht als Zuschuss für den Betrieb des Museums verwendet werden

IHS konstatiert bereits 2008 beachtliche Wertschöpfung des Museums

Bereits 2008 bestätigte IHS die beachtliche Wertschöpfung des Museums. Die im Jahr 2006 getätigten Ausgaben des Leopold Museums bewirkten einen österreichweiten Beschäftigungseffekt von etwa 130 Vollzeitäquivalenten Ein gesamter Bruttoproduktionswert in Höhe von 28,5 Mio. € wurde zudem ausgelöst, während der Effekt auf die Wertschöpfung etwa 8,5 Mio. € betrug. Öffentliche Einnahmen wurden in Höhe von beinahe 3 Mio. € generiert, während der Effekt auf die Kaufkraft etwa 2 Mio. € ausmachte. Auch damals genügten diese Zahlen nicht einmal um eine Indexanpassung zu erreichen. „Das Leopold Museum wird sprichwörtlich ausgehungert“, klagt Weinhäupl. Der zusätzlichen Finanzbedarf zur Aufrechterhaltung des ordentlichen Museumsbetriebes beläuft sich auf ca. 1 Mio. Euro pro Jahr, das Fremdkapital beträgt derzeit rund 2,5 Mio. Euro.

Infora: Kostenbewusstes Arbeiten: Einsparungen kaum möglich

Die Infora Studie aus dem Jahr 2010 bestätigt: „Bei den Kosten des Leopold Museum können keine besonderen Auffälligkeiten erkannt werden, generell arbeitet das Leopold-Museum sehr kostenbewusst. Einsparungen sind kaum mehr möglich.“ Der Personalstand ist vergleichsweise gering (ca. 30 im Museumsbüro), der gestiegene Mehraufwand bei den Gehältern seit Eröffnung 2001 führt zu einem Plus von 24 %, der Mehraufwand an Betriebskosten, der an das MQ abzuführen ist, beträgt seit 2001 plus 60 %. Dem gegenüber seien bezüglich der Einnahmen nur noch geringe Steigerungspotenziale zu sehen. Zusatzeinkünfte aus Vermietungen, Cafe und Shop werden bereits voll ausgeschöpft.

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