Rudolf Kalvach im Leopold Museum: Künstler zwischen Jugendstil und Expressionismus

06.06.2012

Längst fällige Wiederentdeckung eines
"Kometen am Wiener Kunsthimmel"

Das Leopold Museum feiert die Wiederentdeckung von
Rudolf Kalvach (1883-1932) Mit der bisher umfassendsten Ausstellung
zur Werk des Wiener Künstlers. Die Schau "Fantastisch! Rudolf
Kalvach. Wien und Triest um 1900" gibt mit 250 Objekten Einblick in
das vielfältige Schaffen Kalvachs und präsentiert ein Oeuvre an der
Schnittstelle von Jugendstil und Expressionismus.

Natter: "Interessanter Ton im Konzert des Wien um 1900"

Für Leopold Museum-Direktor Tobias G. Natter erzeugt Kalvachs Werk
einen "interessanten eigenen Ton im vielstimmigen Konzert des "Wien
um 1900". Natter verweist auf das ausgeprägt Fantastische im Werk
Kalvach, "das sich ins Unheimliche hinein öffnet". "Damit ist er in
eine Reihe mit Alfred Kubin und Franz Sedlacek zu stellen", so
Natter.

Festi: "Wille anders zu sein"

Ausstellungskurator Roberto Festi bezeichnet Kalvach als
"besonderen Menschen, einen Künstler mit Begeisterung, viel Talent
und dem Willen anders zu sein". Kalvach huldige nicht den
manieristischen Tendenzen der Secession, sondern "er macht was er
will", so Festi.

Weinhäupl: "Ungehobener Schatz"

Peter Weinhäupl, Managing Director des Leopold Museum bezeichnet
das Werk Kalvachs als "ungehobenen Schatz". Schon Prof. Rudolf
Leopold sei bei Giorgio Uboni in den 90er Jahren zu Gast gewesen und
auch in seinem Sinne finde die Kalvach Ausstellung statt, erinnert
Weinhäupl. Der besondere Dank der Direktoren und Kuratoren ging an
Giorgio Uboni, den Enkel Kalvachs, der heute in Triest den Nachlass
des Künstlers verwaltet. Er hatte sich bereits vor 40 Jahren auf die
Suche nach den Spuren des Künstlers begeben, den damals nur wenige in
Wien kannten.

Festi: "Wie ein Meteor" -
Tiddia: "Komet am Kunsthimmel"

Roberto Festi spricht in Zusammenhang mit Kalvach von einem
"Künstlerleben wie ein Meteor, der aber nicht so schnell verglüht
sei, dass Kalvach keine Spuren hinterlassen konnte". Alessandra
Tiddia, Co-Kuratorin und Chefkuratorin des MART in Rovereto
beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Kalvach und den Beziehungen
zwischen Italien und Österreich. Kalvach, dessen Eltern um 1900 nach
Triest zogen, war in Wien ebenso zu Hause wie in Triest. Laut Tiddia
sei Kalvach "wie ein Komet am Wiener Kunsthimmel" um 1900 erschienen.

Smola: "Einzigartige Sammlung"

Ausstellungskurator Franz Smola spricht von einer "einzigartigen
Sammlung, die erstmals ganz in Wien zu sehen ist". Smola erwähnt auch
die hervorragende Emailsammlung des MAK. das auch
Original-Druckstöcke zur Verfügung stellte, "die sich auf wunderbare
Weise erhalten haben". Weitere Leihgaben kommen aus der Albertina,
dem unerschöpflichen Archiv der Unviversität für angewandte Kunst,
dem Österreichischen Theatermuseum und dem Wien Museum sowie von
Galerien und privaten Leihgebern.

Würdigung zu Lebzeiten -
Tod fern von Wien in Kosmonoy

Die Zitate vieler bedeutender Zeitgenossen, wie Josef Hoffmann
oder seine Lehrer Carl Otto Czeschka und Berthold Löffler würdigten
Kalvach schon zu Lebzeiten. Erst der Ausbruch seiner Geisteskrankheit
um 1912 führte zum Bruch und dazu, dass Kalvach in Vergessenheit
geriet. 1932 starb Kalvach mit nicht einmal 50 Jahren an Tuberkolose
in einem Sanatorium im tschechischen Kosmonosy.

Gemälde, Emailarbeiten und Holzschnitte
des Triester Hafens

Die Schau "Fantastisch! Rudolf Kalvach. Wien und Triest um 1900
zeigt u.a. Kalvachs Gemälde, Emailarbeiten, Zeichnungen und
Postkarten der Wiener Werkstätte und auch die bedeutenden Holschnitte
des "Triester Hafenlebens" aber auch Werke des Farbholzschnitts in
Wien um 1900 (Hugo Henneberg, Erwin Lang, Emil Orlik u.v.a) und Werke
der Lehrer und Zeitgenossen Kalvachs, wie Oskar Kokoschka, Egon
Schiele, Anton Faistauer und Anton Kolig.

Das "letzte Kapitel" und Triest um 1900
mit historischem Filmmaterial

Ein eigener Raum versucht auf behutsame Weise das letzte Kapitel
im Leben Kalvachs zu fassen, mit einprägsamen Zitaten aus den
Steinhof-Krankenakten und Schwarzweiß-Fotos aus dem Sanatorium
Kosmonosy. Ergänzende Exponate, u.a. historische Fotografien und
Postkarten, vermitteln die besondere Atmosphäre in Triest um 1900.
Dazu wird erstmals veröffentlichtes historisches Filmmaterial aus dem
Filmarchiv Austria gezeigt. Die Ausstellung ist von 7. Juni bis 10.
September im Leopold Museum zu sehen.

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