VERBORGENE MODERNE

Faszination des Okkulten um 1900

04.09.2025 – 18.01.2026

Edvard Munch, Mondschein, 1893 © Nasjonalmuseet for kunst, arkitektur og design, Oslo, Foto: Børre Høstland/Jacques Lathion

Im ausgehenden 19. Jahrhundert regte sich die Kritik am Materialismus der industrialisierten Gesellschaft. Viele strebten ein neues, naturverbundenes Leben an. Begeistert las man Friedrich Nietzsche und deutete Richard Wagners Oper Parsifal als pazifistisches Manifest. Der Malerfürst Hans Makart malte Szenen aus dem Ring des Nibelungen. Karl Wilhelm Diefenbach – ein Wagner-Verehrer, Künstlerprophet und Nudist –, gründete 1897 in Wien eine Landkommune. Die Wiener Secessionisten frönten dem Wagnerschen Ideal des Gesamtkunstwerkes.

Zu den vegetarischen Stammtischen der Wiener Intellektuellen gelangte die moderne, fernöstlich beeinflüsste Theosophie. Auch Marie Lang, Frauenrechtlerin und Promoterin der sozialreformerischen Siedlungsbewegung, kam aus einem theosophischen Umfeld; ihr Sohn Erwin Lang hielt den Ausdruckstanz der Schwestern Wiesenthal malerisch fest. Weitere Nischen für Frauen bot der Spiritismus: Gertrude Honzatko-Mediz schuf mediumistische Zeichnungen. Im benachbarten Ausland wurden Trancezustände von arrivierten Malern wie Albert von Keller und Gabriel von Max protokolliert. Der Schriftsteller August Strindberg, der einen ausgeprägtem Hang zur Esoterik hatte, malte düstere Landschaftsvisionen. Das Werk seines Freundes Edvard Munch und der Glaube an die Existenz der Lebenskraft spendenden, unsichtbaren Strahlen lieferten neue künstlerische Impulse. Richard Gerstl, Arnold Schönberg, Egon Schiele, Oskar Kokoschka und Max Oppenheimer begriffen ihre Modelle als auratische Erscheinungen. Moderne Psychologie ging mit traumwandlerischen Eingebungen eine Synthese ein. Auch wäre die Entstehung der abstrakten Malerei ohne die Einflüsse des okkultistischen Schrifttums kaum denkbar gewesen.

Erstmals wid in Wien in einer großen Überblicksschau die Suche nach dem Neuen Menschen thematisiert, ohne dass dunkle Aspekte des magischen Denkens ausgeklammert werden. In diesem Sinne leistet das Projekt Verborgene Moderne auch einen Beitrag zur Kritik der Gegenwart.   

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