Wien 1900
Die pulsierende Donaumetropole Wien war um 1900 von Gegensätzen geprägt. Sie war gleichermaßen die Hauptstadt des Hochadels und der liberalen Intellektuellen, der prachtvollen Ringstraße und endloser Armenviertel, des Antisemitismus und des Zionismus, des starren Konservativismus und der einsetzenden Moderne. In diesem heterogenen Milieu fand jene einzigartige Verdichtung an Kulturleistungen statt, die uns heute von Wien um 1900 als einem Quellgrund der Moderne sprechen lassen. Der Aufbruch fand in den unterschiedlichsten Disziplinen statt, von Malerei und Literatur über Musik, Theater, Tanz und Architektur bis hin zu Medizin, Psychologie, Philosophie, Rechtslehre und Ökonomie.
Als Geburtsstunde der österreichischen Moderne in der bildenden Kunst gilt die Gründung der Wiener Secession im Jahr 1897. Die Vereinigung bildender Künstler Österreichs – Secession wollte mit ihrer Abspaltung von der konservativen Künstlerhaus-Genossenschaft eine Plattform für zeitgenössische und internationale Kunst schaffen. Unter den Gründungsmitgliedern der Secession waren neben Gustav Klimt, der zum ersten Präsidenten der Vereinigung gewählt wurde, auch Koloman Moser, Carl Moll sowie die Architekten Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbrich. Das von Olbrich 1898 entworfene Ausstellungshaus der Secession gilt als gebautes Manifest für die Ideen der neuen Künstlervereinigung. Den Vertretern der Wiener Moderne ging es im Sinne der Idee des Gesamtkunstwerkes um die Durchdringung aller Lebensbereiche der Menschen mit Kunst. Dabei wurde die angewandte Kunst der bildenden Kunst gleichgestellt.
In diesem Zusammenhang erschließt sich das Konzept der Wiener Werkstätte, die im Jahr 1903 von Josef Hoffmann, Koloman Moser und Fritz Waerndorfer gegründet wurde. Oberste Prämisse bei Entwurf und Fertigung war neben der Wertschätzung des Materials vor allem die künstlerische und handwerkliche Qualität der Objekte. Das Leopold Museum verfügt neben seiner weltweit bedeutenden Sammlung zur bildenden Kunst aus der Zeit von Wien um 1900 über herausragende Artefakte der Wiener Werkstätte. Die Idee des Gesamtkunstwerkes und das besondere Fluidum dieser einstigen Weltkulturhauptstadt Wien werden dadurch in allen Facetten erfahrbar.
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