Das französische Künstlerpaar Pierre & Gilles ist seit den späten 1970er-Jahren bekannt für ihre prächtig, schwülstig kitschigen Fotoarbeiten geworden. Das Werk "Vive la France" (Es lebe Frankreich) von 2006 thematisiert die multikulturelle Gesellschaft Frankreichs, indem es die drei wichtigsten Bevölkerungsgruppen "Blacks, Blanc, Beurs" (Schwarze, Weiße, Araber), die der Öffentlichkeit vor allem durch das Zusammenspiel und die Erfolge der französischen Fußballnationalmannschaft seit 1998 ein Begriff sind, als nackte Helden gegenüberstellt.
Nacktheit und Heldentum ist dabei ein Aspekt, der sich sehr gut ins Konzept der Ausstellung integriert. Schließlich wurden bereits in der Antike Helden und Athleten immer nackt dargestellt. In der Aufklärung des 18. Jahrhunderts ist der nackte Held das Symbol des von zivilisatorischen Zwängen befreiten und der höheren Moral verpflichteten Menschen. In dieser Tradition steht das Werk von Pierre & Gilles, zwei Künstler, die sich in ihren Arbeiten immer wieder für Toleranz und Offenheit einsetzen.
„Mr. Big“ vor den Toren des Leopold Museum - Ilse Haiders präsentiert Skulptur zur Ausstellung „nackte männer“!
Wien - Sehr zufrieden zeigten sich die Leopold Museum Direktoren Tobias G. Natter und Peter Weinhäupl über den Erfolg des „Nacktabend“ im Leopold Museum. „Mehrere Nudistengruppen haben bei uns angefragt, ob Nacktführungen zur Ausstellung „nackte männer“ möglich sind. Natters spontane Reaktion war absolut positiv: „Wir sind ein liberales Haus, warum also nicht.“ Peter Weinhäupl erinnert sich: „Bereits im Sommer 2005 hatten wir eine vergleichbare Aktion zur Ausstellung „Die nackte Wahrheit“, damals wie heute waren wir über das massive Medieninteresse aus dem In- und Ausland überrascht.“
Ausstellungen zum Thema Nacktheit haben sich bislang vorrangig mit Bildern unbekleideter Frauen beschäftigt. Im Herbst 2012 zeigt das Leopold Museum nun mit „nackte männer“ eine längst überfällige Ausstellung zu Vielfalt und Wandel in der Darstellung nackter Männer von 1800 bis heute.
Durch Leihgaben aus ganz Europa liefert „nackte männer“ eine so noch nie gesehene Zusammenschau. Zeitlich stehen drei große Schwerpunkte im Mittelpunkt. Erstens die Epoche der Aufklärung mit Französischer Revolution und Klassizismus um 1800, zweitens neue Ansätze innerhalb der Klassischen Moderne um 1900 und drittens bahnbrechende Positionen der Kunst nach 1945. In einem groß angelegten Bogen über zwei Jahrhunderte thematisiert die Ausstellung unterschiedliche künstlerische Zugänge, konkurrierende Männlichkeitsmodelle und den Wandel von Körper-, Schönheits- und Wertvorstellungen.
Vorangestellt ist dem Ganzen ein Prolog, der anhand von fünf singulären Plastiken die große Tradition des Themas „nackte männer“ in der abendländischen Kunst beleuchtet. Den Beginn markiert eine altägyptische Statue aus der Zeit um ca. 2400 vor Christus - Wiens ältester „nude in town“ - gefolgt vom Jüngling vom Magdalensberg, einer lebensgroßen Renaissancebronze nach römischem Original, Rodins Figur „Ehernes Zeitalter“ - eine Bronze, die vielen als der Beginn der modernen Skulptur gilt - einem Jüngling von Fritz Wotruba und einer zeitgenössischen Arbeit des Konzeptkünstlers Heimo Zobernig, der eine Schaufensterpuppe zu einem Selbstbildnis umgearbeitet hat. Das Publikum durchwandert im Rahmen dieses Prologs mit wenigen Schritten eine mehr als viertausend Jahre alte Tradition. Damit ist auch der generelle Bezugsrahmen des Ausstellungsthemas abgesteckt. Im engen Sinn setzt die Ausstellung mit der Aufklärung im späten 18. Jahrhundert ein.
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